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STAND DER DINGE | Ausstellung im Rosengarten

Projektart

Fotografie & Rauminstallation

Datum

Dezember 2023

Ort

Rosengarten Mannheim

Art

Gruppenausstellung, Jahresschau des Künstlerbundes, u.a. mit Fritz Stier

Fotos

Alexander Kästel

Im Zentrum der Installation UMVERTEILT steht eine fotografische Arbeit von 1,80 m Höhe – eine monumentale vertikale Bildstruktur, die aus einem Panoramablick der Mannheimer Neckarstadt entwickelt wurde. Alexander Kästel greift hier auf eine Technik zurück, die aus einer Vielzahl digitaler Einzelaufnahmen ein kompositorisch verdichtetes Ganzes erschafft – symmetrisch gespiegelt, sorgfältig ausgerichtet, formal fast ikonografisch um 90° gedreht.

Doch was auf den ersten Blick wie ein ornamentales Kreuz, ein totemhaftes Zeichen oder gar eine abstrahierte Säule wirkt, entwickelt im Kontext des gesellschaftspolitischen Diskurses eine tiefere Bedeutung: Es handelt sich nicht nur um eine visuelle Metapher für Zentrierung oder Machtachsen, sondern auch um eine bewusste Leerstelle zwischen den Dingen. Die auffallend großen Weißräume, die die vertikale Form isolieren, wirken zunächst wie Reduktion – sie sind aber eine Einladung zur Konzentration.

Diese große Leere um das Objekt herum entfaltet keine Ruhe, sondern Spannung. In einer Welt überfüllter Informationsdichte und Bildüberflutung bedeutet diese Leere einen Akt des Widerstands. Die Betrachtenden werden gezwungen, sich auf das Wenige zu konzentrieren – auf das, was da ist, und auf das, was fehlt. Das Fragment, das Konstruierte, das Erhabene, das Übersehene. Die Leerstelle wird zum politischen Kommentar: Wer ist sichtbar? Wer bleibt unsichtbar? Wer hat Raum, und wem wird Raum genommen?

Die Form lässt sich vielfältig lesen: Als architektonisches Totem, das Macht, Spiritualität und Geschichte gleichzeitig aufruft. Als Kreuzstruktur, die sakrale Tiefe evoziert – aber auch Brüche, Opfer, Schnittstellen. Als eine Achse, die städtebaulich Ordnung verspricht und doch dekonstruiert ist. Diese vertikale Monumentalisierung eines Stadtteils – sozial divers, geschichtlich aufgeladen – verschiebt die Frage von oben und unten, von Zentrum und Rand. Der Betrachter ist dabei nicht außen vor, sondern selbst Teil dieses Kräfteverhältnisses.

Dass Kästel gerade die Neckarstadt West als Ausgangspunkt wählt, ist hochpolitisch. Dieser Stadtteil steht exemplarisch für sozialen Wandel, Migration, städtische Diversität – und zugleich für vernachlässigte Räume. Die Montage erhebt ihn zur Ikone, ohne ihn zu verklären. Sie ist keine Verherrlichung, sondern eine kritisch-ästhetische Neuausrichtung von Sichtbarkeit.


Mit der fotografischen Arbeit UMVERTEILT hat Alexander Kästel ein Werk geschaffen, das durch seine reduzierte, vertikal gespiegelte Panoramaform und seine leere Umgebung eine starke visuelle und politische Aussage trifft. Die Arbeit fordert nicht nur das Sehen, sondern auch das Hinschauen – sie lädt ein zur Reflexion über Raumverhältnisse, Machtachsen und gesellschaftliche Sichtbarkeit. Die große Leere rund um das zentrale Motiv ist keine Absenz, sondern eine Form der Konzentration – ein ästhetisches Gegengewicht zur Überfülle der Gegenwart. So wird aus einer fotografischen Konstruktion eine gesellschaftspolitische Setzung – mit Bedeutung für die Stadt, für das Publikum und für all jene, deren Raum bislang nicht selbstverständlich war.

Alexander Kästel präsentiert im Rahmen der Jahresschau des Künstlerbunds Rhein‑Neckar e.V. im Mannheimer Rosengarten die Installation und Wandarbeit UMVERTEILT – ein Kunstwerk, das Prozesshaftigkeit, Achtsamkeit und politische Utopie verbindet. Zunächst ohne Vorwegnahme, offenbart sich der inhaltliche Zusammenhang zwischen den Arbeiten erst im interaktiven Raum – ein Moment, in dem die Form zum Erkenntnisraum wird.


Neun schlanke Stelen tragen fragile Fotografien: aufgenommen aus neun verbundenen Einzelbildern innerhalb einer Sekunden, komprimiert auf 20×15 cm – ein Diffusbild, das in seiner Vielzahl Ordnung zu schaffen sucht. Diese Technik verweisen auf Kästels Arbeit MUTTERLAND: der Einsatz in Dresden (seiner Herkunfts‑Metropole) und nun in Mannheim (seine neue Heimat) schafft eine geographische wie biographische, fast poetischer Verbindung der Serien.

Die Installation verwandelt den Ausstellungsraum in einen choreografierten Pfad. Das Publikum reagiert unterschiedlich: zögerlich, fordernd, abgelenkt. Ein Durchschreiten ohne Hürden ist nahezu möglich – hinein in die große Wandarbeit – doch jeder Weg wird zu einem Dialog mit Nähe und Abstand. Diese körperliche Erfahrung wird zum ästhetischen Modell gesellschaftlicher Umverteilung: einem Prozess, der Nähe gewährt, aber auch Raum fordert.

Projektbginn
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